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99% ist nicht 100%

Stephan Lehmke • Aug. 12, 2019

Beim Publishing zählt nur „vollautomatisch“ oder „halbmanuell“

roboter arbeiten
In Gesprächen über Automatisierung im Publishing höre ich immer wieder die Aussage „wir produzieren zu 80% automatisch, das genügt uns“.
Das mag durchaus stimmen, es lohnt sich aber trotzdem, den Sachverhalt  einmal aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten.
Falls noch nicht klar ist, worum es überhaupt geht: unter voll-/teilautomatischem Publishing verstehen wir die Erzeugung druckfähiger Dokumente (typischerweise im PDF-Format) aus medienneutralen Eingabedaten, z.B. aus einem PIM-System oder CMS. Was also unterscheidet vollautomatisches von teilautomatischem Publishing, und warum sollte man sich für vollautomatisches Publishing entscheiden, selbst wenn man vielleicht mit dem  aktuell erreichten Automatisierungsgrad eigentlich schon ganz zufrieden ist?
Um die Sache auf die Spitze zu treiben, wollen wir „99% automatisch“ und „100% automatisch“ gegenüberstellen.

Was bedeutet eigentlich „99% automatisch“?

Zunächst ist zu klären, was wir unter diesem Begriff überhaupt verstehen.
Da es um die Abgrenzung zur Vollautomatisierung geht, wollen wir uns ausschließlich auf die Leistung des Publishing-Engines beziehen, also der Software, die aus Eingangsdaten (PIM, CMS oder andere Datenquellen) ein fertig formatiertes, druckfähiges Print-Dokument macht.
Ebenso wollen wir außer Acht lassen, dass es einzelne Seiten in einem Dokument gibt (z.B. Einleitungs- oder Image-Kapitel), die aus gewissen Gründen prinzipiell nicht automatisiert werden können, z.B. weil die Inhalte nicht medienneutral in einer Datenbank vorliegen, oder weil sich deren Gestaltung nicht an die für das Dokument sonst vorgegebenen Designregeln hält.
Man kann trefflich streiten, wo hier die Grenzen des Machbaren oder Sinnvollen liegen, dies dreht sich aber mehr um die prinzipiellen Grenzen der Automatisierung als um die Eignung einer bestimmten Software, und würde daher hier zu weit führen.
Der für vollautomatische Publikationen übliche Weg, solche Inhalte zuvor frei zu gestalten und dann als fertige Seiten(teile) in das erzeugte Dokument einzubinden, funktioniert für halbautomatische Publikationen ebenso. Daher können wir dies im weiteren ignorieren, ohne das Ergebnis der Analyse zu verfälschen.
Zieht man das Obige alles in Betracht, kann man folgende Bedeutungen von „99% automatisch“ unterscheiden:
  1. Nach der Erzeugung des Dokuments sind auf jeder Seite 99% der Darstellung korrekt und 1% muss nachbearbeitet werden.
    Das ist ein gar nicht so unrealistisches Szenario. Gerade bei templatebasierten Systemen zur Dokumenterzeugung sind immer mal Umbrüche oder Tabellendarstellungen anzupassen, Inhalte auf der Seite zu verschieben, verbleibender Weißraum zu füllen oder gar Seitenumbrüche zu optimieren. Verschärft wird die Situation, wenn man freigestellte Abbildungen oder sonstige große Objekte mit freiem Umriß auf der Seite hat oder ein multilinguales Dokument für den Druck mit Schwarzwechsel erstellt.
    Im Hinblick auf die folgenden Fallbeispiele ist dieses Szenario allerdings katastrophal: Jede erzeugte Seite muss nachbearbeitet werden, auch wenn es noch so wenig ist. An „Publishing als digitalen Prozess“, der eingebettet in in andere datenbasierte Prozesse eines Unternehmens automatisch „mitläuft“, ist in so einem Fall nicht zu denken.
  2. Nach der Erzeugung des Dokuments sind 99% der Seiten korrekt und 1% muss nachbearbeitet werden.
    Dieses Szenario ist vom Aufwand her ideal: für ein 1.000-seitiges Print-Dokument müssten gerade mal 10 Seiten nachbearbeitet werden; der Aufwand hierfür verschwindet sicherlich in den sonstigen Aufwandsfaktoren für eine so umfangreiche Druckproduktion. Bei Dokumenten unter 100 Seiten kann es nach dem Gesetz der Wahrscheinlichkeit sogar vorkommen, dass gar nicht nachbearbeitet werden muss. Im Hinblick auf die folgenden Fallbeispiele bleibt es aber dabei: Jedes erzeugte Dokument muss „angefasst“ werden, und sei es nur zur Kontrolle, denn wo nachbearbeitet werden muss, weiß man ja nicht im Voraus.
    Aber mal ehrlich: wer hat seinen Publishing-Prozess so weit automatisiert? Welche Software zur Publishing-Automatisierung schafft das überhaupt? Auf 99 von 100 Seiten alle Umbrüche und Tabellen korrekt, Inhalte auf der Seite sauber positioniert, kein Weißraum muss gefüllt werden und die Seitenumbrüche sind an der richtigen Stelle?
    Die wahrscheinlichste Erklärung: Man sieht dem Dokument die Automatisierung auch an. Beim Design-Konzept wurden Kompromisse gemacht, um Schwächen der Software Rechnung zu tragen. Man sieht auf den ersten Blick, dass das ganze Dokument eine Abfolge von Templates ist; Weißraum und schlechte Seitenumbrüche werden ignoriert, die Seiten haben keine komplexe Struktur sondern bestehen aus einer Aneinanderreihung vertikaler „Abschnitte“. Auf den kostensparenden Druck mit Schwarzwechsel wird verzichtet.
  3. Die Erzeugung eines Dokuments macht 1% so viel Aufwand, wie das gleiche Dokument von Hand zu erstellen; 99% Aufwand werden eingespart.
    Bei dieser Interpretation wird auf den Erstellungsprozess gar nicht eingegangen; lediglich der Aufwand wird verglichen. Sie lässt daher auch keinen Rückschluss auf den tatsächlichen Publishing-Prozess zu, außer dass dieser eben nicht 100% automatisch ist.
Zur Vereinfachung der folgenden Betrachtungen wollen wir uns der dritten Interpretation bedienen, da sie die einfachste ist (KISS-Prinzip). Sie hat vor allem den Vorteil, dass man in den folgenden Fallbeispielen 99% und 100% Automatisierung rein rechnerisch vergleichen kann.
Für alle, die derzeit mit automatischem Publishing arbeiten, lohnt es sich aber einmal zu überlegen, in welches der obigen Szenarien der eigene Publishing-Prozess fällt, und was die Konsequenzen insbesondere im Hinblick auf die folgenden Fallbeispiele sind.

Eine Frage der Perspektive

99% automatisch klingt viel, wenn man es mit dem manuellen Prozess vergleicht. 99% Aufwand eingespart – was will man mehr?
Aber wie sieht die Sache aus, wenn man die Perspektive umkehrt?
Immerhin bedeutet Vollautomatisierung: 0 Aufwand!
Im Vergleich dazu kann natürlich jeglicher Aufwand, selbst wenn es nur 1% der manuellen Erstellung ist, eine erhebliche Einschränkung der realisierbaren Prozesse bedeuten. Wir geben im Folgenden zur Illustration einige Fallbeispiele aus der alltäglichen Praxis.
Die Basis für alle weiteren Überlegungen liegt in der folgenden Erkenntnis:
Ohne Vollautomatisierung bedeutet jedes erstellte Dokument manuellen Aufwand.
Oder, etwas pointierter formuliert:
Wer nicht vollautomatisch arbeitet, arbeitet halbmanuell.
Bei den folgenden Beispielen geht es nicht darum, Prozentpunkte zu zählen, sondern lediglich um die Frage vollautomatisch oder nicht?
Letztlich sollte sich jeder, der bereits einen halbautomatischen Prozess etabliert hat (egal ob 80% oder 99%), die Frage stellen:
Wenn ich auch 100% automatisieren kann, warum soll ich mich mit 99% zufriedengeben?

Einige Beispiele aus der Praxis

Die folgenden Beispiele stammen (naturgemäß) aus der Alltagspraxis des vollautomatischen Publishing. Für einen halbmanuellen Prozess wären sie überwiegend entweder gar nicht machbar, zu aufwändig oder nur mit Qualitätseinbußen zu realisieren (indem man den halbmanuellen Prozess durch ein heuristisch angenähertes, nicht druckfertiges Vorschaudokument simuliert).
Es wird jeweils der Prozess bei Vollautomatisierung und 99%-Automatisierung gegenübergestellt. Bei der Aufwandskalkulation wird nur der Aufwand der Erstellung des Dokuments von der Datenquelle zum PDF berücksichtigt. Aufwand für Datenpflege, Administration oder Druckvorstufe tritt für alle Automatisierungsgrade gleichermaßen auf und trägt daher nicht zur Unterscheidung bei.

Fallbeispiel 1: Datenblätter überarbeiten
Szenario: Es stehen leichte Veränderungen am Inhalt aller Datenblätter an. In der Tabelle mit technischen Daten werden zusätzliche Merkmale ausgegeben, es kommen Textbausteine sowie Piktogramme zu Umweltverträglichkeit und Klimaneutralität hinzu. Da die Veränderungen die erste Seite betreffen, verändern sich sämtliche Seitenumbrüche.
Volumen: 50.000 Datenblätter in 10 Sprachen müssen neu erstellt werden. Jedes Datenblatt hat im Durchschnitt 10 Seiten. Es müssen also 500.000 Seiten neu gesetzt werden.
Herausforderung: Für Datenblätter gibt es keine Kompromisse beim Corporate Design. Das bedeutet Layout im Designraster, Mehrspaltensatz, Weißraumkontrolle und etliche Regeln für erlaubte Umbruchpunkte in Texten und Tabellen.
Aufwand Vollautomatisierung: 0; der Prozess zur erneuten druckfertigen Erzeugung sämtlicher Datenblätter läuft über Nacht im Batchbetrieb durch.
Aufwand 99% Automatisierung: Angenommen, aufgrund der Corporate-Design-Anforderungen dauert das Anpassen und Umlayouten einer Seite als rein manueller Prozess im Durchschnitt 10 Minuten. Nach Adam Riese ergibt das für 500.000 Seiten bei 99% Aufwands-Einsparung
500.000 × 10 × 0,01 = 50.000 Minuten ~ 104 Personentage
Konsequenz: Man darf wohl davon ausgehen, dass „keine Kompromisse beim Corporate Design“ ein Luxus ist, den man sich nur bei Vollautomatisierung leisten kann. In allen anderen Fällen wird das Design typischerweise so vereinfacht, dass der Überarbeitungsaufwand minimiert wird – Inhalte einfügen oder überarbeiten und die Seitenumbrüche dem Layoutprogramm überlassen.

Fallbeispiel 2: Katalogänderung kurz vor Drucklegung
Szenario: Kurz vor dem Drucktermin des Hauptkatalogs müssen aufgrund eines noch ungelösten Patentstreits alle Artikel mit einer bestimmten Technologie ausgelistet werden. Diese verteilen sich über alle Produktgruppen, fast jede Seite ist betroffen, und durch die entfallenden Produkte könnte der Katalog einige Seiten kürzer sein (oder um andere Inhalte ergänzt werden, die aus Platzgründen weggelassen wurden).
Volumen: Der Katalog hat 1.000 Seiten und wird in 10 Sprachen mit Schwarzwechsel produziert (zwei Exemplare zu je 5 Sprachen). Da sich sämtliche Umbrüche ändern, muss der Bildstand für alle Sprachen passend neu bestimmt werden. Letztlich werden also die Inhalte von 10.000 Seiten neu gestaltet.
Herausforderung: Der Katalog ist das Herzstück des Marketings. Absolute Perfektion ist unverzichtbar. Designraster, Mehrspaltensatz, Weißraumkontrolle, Doppelseitenoptimierung und etliche Regeln für optimale Seitenumbrüche und Optimierung ganzer Seitenstrecken machen die Layout-Gestaltung zur Herkulesaufgabe.
Aufwand Vollautomatisierung: 0; der gesamte Katalog wird nach Streichen der relevanten Artikel regelbasiert optimiert unter Berücksichtigung des Schwarzwechsels in wenigen Minuten neu generiert.
Aufwand 99% Automatisierung: Angenommen, aufgrund der Corporate-Design-Anforderungen dauert das Anpassen und Umlayouten einer Seite als rein manueller Prozess im Durchschnitt eine Stunde. Nach Adam Riese ergibt das für 10.000 Seiten bei 99% Aufwands-Einsparung
10.000 × 0,01 = 100 Stunden ~ 12,5 Personentage
Konsequenz: Ein solcher unerwarteter Zusatzaufwand kurz vor Drucklegung ist der Alptraum jedes Projektleiters. Typischerweise kann ein Drucktermin absolut nicht verschoben werden. Wahrscheinlich wird man versuchen, Kompromisse zu finden, um nicht alle Seiten neu umbrechen zu müssen, auf Kosten der Designqualität und der Druckkosten (weil weniger Seiten gespart werden).

Fallbeispiel 3: Mobile First Strategie
Szenario: Beim Relaunch der Unternehmenswebsite wird mit viel Aufwand ein maßgeschneidertes CMS aufgebaut. Inhalte wie Textbausteine und Bilder werden medienneutral mehrsprachig gepflegt und zu Modulen kombiniert, die wiederum als Baustein (z.B. Produktvorteil) in der Darstellung vieler Produkte auf der Website auftauchen können.
Module sind mit Layouttemplates verknüpft, die die responsive Darstellung und das interaktive Verhalten der Inhalte auf der Website bestimmen.
Sobald Inhalte gepflegt und freigegeben werden, wird die gesamte Website vollautomatisch neu veröffentlicht – wer würde schon auf die Idee kommen, hier die generierte HTML-Darstellung manuell nachzubearbeiten?
Aber was ist mit den gedruckten Produktinformationen? Die sind noch auf dem alten Stand, erstellt mit einer Textverarbeitung. Von all den neu gepflegten Inhalten und besonders den vielen Bildern keine Spur. Dem neuen, frischen Design der Website hinkt die Gestaltung um Äonen hinterher.
Herausforderung: Bloß keine redundante Pflege! Die Strategie ist klar: mobile und web first. Das neu erstellte CMS ist das führende System, das Design soll einheitlich sein. Die gedruckten Produktinformationen müssen folgen, sollen aber nicht zum Hindernis werden, und vor allem nicht zur Kostenfalle für Satzdienstleistungen.
Die gedruckten Produktinformationen müssen somit aus dem Content im CMS entstehen: den Layouttemplates werden entsprechende (natürlich nicht dynamische) Layoutvorlagen, passend für gedruckte Dokumente, zugeordnet, und die Inhalte der Webdarstellung eines Produkts werden zu einem Produktblatt kombiniert.
Dabei soll das gedruckte Produktblatt natürlich nicht schlechter aussehen als die neue Website: um den responsiven Layouttemplates aus dem Web nahe zu kommen, sind Gestaltungsraster, Mehrspaltensatz, die Integration eines hohen Anteils großflächiger Bilder, Seitenausgleich und ausgefeilte Seitenumbruch- und Weißraumregeln eine selbstverständliche Anforderung.
Damit die Produktblätter nicht veralten, sollen sie bei jeder Neupublikation der Website ebenfalls mit aktuellem Inhalt neu erstellt werden.
Volumen: Jedes der 20.000 Produktblätter in 10 Sprachen hat ca. 10 Seiten. Da man bei der Pflege der Inhalte im CMS davon ausgehen muss, dass sich überall etwas ändern kann, sollen sämtliche ca. 200.000 Seiten bei jeder Neupublikation der Website neu erstellt werden.
Aufwand Vollautomatisierung: 0; der Prozess zur erneuten druckfertigen Erzeugung sämtlicher Produktblätter läuft nach  Neupublikation der Website automatisiert in wenigen Stunden durch.
Aufwand 99% Automatisierung: Dieses Szenario ist wohl nur mit Vollautomatisierung zu bewältigen.
Konsequenz: Ein Musterbeispiel für die digitale Transformation im Marketing. Das Augenmerk und die Ressourcen richten sich auf elektronische Medien, die Darstellung auf Mobilgeräten und im Web. Printpublikationen bleiben im ersten Schritt links liegen. Im zweiten Schritt sollen sie sich aber nicht zum führenden Medium oder gar zum Kostentreiber aufspielen, sondern ihrer neuen Rolle als untergeordnetes Medium gerecht werden. Das bedeutet, sich in die für den online-Bereich entwickelten Systeme und Prozesse einzufügen, ohne Redundanzen oder Medienbrüche.
Gleichzeitig soll aber auch die Qualität nicht leiden. Schlechter als die Website sollen gedruckte Produktinformationsn sicher nicht aussehen.
Das bedeutet, das meist umfangreiche Bildmaterial, die mehrsprachigen Texte, Diagramme oder Tabellen, die für das Web entwickelt wurden, sollen sich in ansprechendem, für ein Druckwerk angemessenem Design im Printmedium wiederfinden. Das Resultat einer naiven Transformation von HTML nach PDF erfüllt diese Anforderung sicher nicht.
Dies ist ein perfekter Anwendungsfall für das vollautomatische Publizieren: effizient, kostengünstig und bei regelbasiertem Prinzip leistungsfähig genug, um responsive Web-Layouts in adäquates, optimiertes Print-Seitenlayout umzusetzen.

Fallbeispiel 4: Mandantenfähige Preisliste
Szenario: Hersteller H produziert konfigurierbare Produkte, die in vielen Qualitäten und Varianten hergestellt und damit auch zu unterschiedlichen Preisen und Margen angeboten werden können. Mandant M vertreibt die Produkte und wählt frei sein Angebot, Rabatte und Preise. Kunde K erhält von M eine auf ihn zugeschnittene Preisliste mit individueller Produktauswahl und maßgeschneiderten Preisen.
Volumen: Eine Preisliste hat ca. 100 Seiten. Etwa 20 Mandanten produzieren pro Monat je etwa 4 aktuelle Preislisten für verschiedene Kunden. Es ergibt sich ein Volumen von ca. 96.000 publizierten Seiten pro Jahr.
Herausforderung: H und M sollen zusammen mit einem Druckdienstleister D in einem Online-Portal arbeiten. H pflegt die Stammdaten der Produkte und die Nettopreise für die verschiedenen Varianten. M pflegt sein Produktprogramm sowie die Rabatte für einzelne Kunden. Preislisten werden bestellt, als PDF erzeugt und von D sofort digital gedruckt, gebunden und verschickt.
Um der hohen Qualität und Wertigkeit der Produkte Rechnung zu tragen, soll die Preisliste einen hochwertigen, ansprechenden Eindruck vermitteln. Viele großflächige Produkt- und Projektbilder, ausführliche Einleitungstexte, Infokästen und komplexe Preistabellen müssen unter Vermeidung von Weißraum auf den Seiten angeordnet werden. Dabei sind vielfältige Regeln für optimale Seitenumbrüche zu beachten.
Aufwand Vollautomatisierung: 0; sobald M eine Bestellung für eine Preisliste aufgibt, wird diese in wenigen Minuten automatisch erzeugt und an D weitergeleitet.
Aufwand 99% Automatisierung: In diesem Szenario hat eine manuelle Bearbeitung von Dokumenten keinen Platz.
Konsequenz: Ein weiteres Beispiel für die erfolgreiche digitale Transformation im  Publishing. Drei Parteien arbeiten, unterstützt durch ein Online-Portal, effizient zusammen, um dem Kunden ein optimales personalisiertes Printprodukt zur Verfügung zu stellen.
Durch das vollautomatische Publishing wird die eigentliche Dokumenterstellung zu einem automatisch im Hintergrund ablaufenden Prozessschritt, für den weder bei H, M noch D Spezialwissen oder lizenzpflichtige Software vorhanden sein müssen.

Fallbeispiel 5: Continuous Integration Clearing Katalog
Szenario: Im Zuge der digitalen Transformation halten viele Methoden des agilen Projektmanagements und der Softwareentwicklung auch im Marketing Einzug. Continuous Integration ist eine Vorgehensweise aus der Softwareentwicklung, bei der regelmäßig alle aktuellen Entwicklungsstände der beteiligten Entwickler eines Software-Projekts integriert und automatisiert ein lauffähiger Prototyp der sich in Entwicklung befindlichen Software erzeugt wird. So werden Inkompatibilitäten und Fehler früh aufgedeckt und man vermeidet die ansonsten in der Software-Entwicklung bekannten langen Integrationsphasen, bei denen verschiedene separat entwickelte Komponenten zusammen „zum Laufen gebracht“ werden müssen.
Diese Methode lässt sich unmittelbar auf die datenbasierte Erstellung eines Hauptkatalogs übertragen. Eine Vielzahl von Personen erstellt separat die Inhalte und pflegt sie in eine zentrale Datenbasis ein (z.B. PIM-System). Erstellen und Einpflegen von Texten, Übersetzungen, Bildern, technischen Daten, Messdaten, Maßzeichnungen, Diagrammen usw., sowohl für Neuheiten als auch die Überarbeitung von Bestandsartikeln, werden parallel in unterschiedlichen Rhythmen von verschiedenen Personen erledigt. Hinzu kommt die Strukturierung der Produkte in Produktgruppen und Untergruppen, Zuordnung von Zubehör, Verfügbarkeit in unterschiedlichen Regionen, und schließlich die Reihenfolge der Inhalte im Katalog, Marketingseiten und Imagetexte.
Der Prozess der Datenpflege und -strukturierung sowie der Katalogzusammenstellung wird enorm erleichtert, indem täglich ein Clearingkatalog erstellt wird, der den aktuellen Stand der Inhaltspflege und -strukturierung wiederspiegelt.
Herausforderung: Täglich soll ein Clearingkatalog erstellt werden, der alle bis dahin erstellten und gepflegten Inhalte wiedergibt. Um ein authentisches Bild zu bekommen und einzelne Kapitel so früh wie möglich abschließen und freigeben zu können, soll der Katalog „druckreif“ sein, also vom Layout und Design 1:1 dem gedruckten Katalog entsprechen.
Designraster, Mehrspaltensatz, Weißraumkontrolle, Doppelseitenoptimierung und etliche Regeln für optimale Seitenumbrüche und Optimierung ganzer Seitenstrecken machen die Layout-Gestaltung zur Herkulesaufgabe.
Volumen: Der fertige Katalog hat 1.000 Seiten und wird in 10 Sprachen mit Schwarzwechsel produziert (zwei Exemplare zu je 5 Sprachen). Letztlich werden also die Inhalte von 10.000 Seiten neu gestaltet.
Aufwand Vollautomatisierung: 0; der Prozess zur erneuten druckfertigen Erzeugung des Hauptkatalogs läuft über Nacht im Batchbetrieb durch.
Aufwand 99% Automatisierung: In diesem Szenario hat eine manuelle Bearbeitung von Dokumenten keinen Platz.

Fazit

Ich habe in den obigen Fallbeispielen versucht, ein paar (von vielen) Szenarien darzustellen, anhand derer man gut herausarbeiten kann, dass zwischen „99% automatisch“ und „100% automatisch“ ein fundamentaler Unterschied besteht, nämlich der zwischen halbmanuell und vollautomatisch.
Viele spannende Anwendungsfelder im Publishing, wie Personalisierung und Prozessintegration, die durch die digitale Transformation immer mehr Bedeutung erlangen, werden durch Vollautomatisierung erst möglich. Andere klassische Herausforderungen des Publishing-Alltags, die bei halbautomatischer Vorgehensweise in Hektik ausarten, werden bei Vollautomatisierung trivial.
Im folgenden noch ein paar Ratschläge und Tipps aus über 15 Jahren Automatisierungspraxis, die Ihnen vielleicht helfen, sich für das vollautomatische Publishing zu entscheiden.

Publizieren Sie vollautomatisch!
Der feine Unterschied zwischen 99% und 100% bedeutet nicht nur eine weitere Kosteneinsparung im Publishing-Alltag, sondern den kompletten Wegfall manueller Bearbeitung von Print-Dokumenten. Das vereinfacht nicht nur viele alltägliche Aufgaben, sondern macht eine Vielzahl moderner Anwendungen überhaupt erst möglich. Ein paar Anregungen geben die obigen Fallbeispiele, aber die Liste innovativer Publishing-Anwendungen ist endlos: Personalisierte Dokumente, freie Zusammenstellung von Produktinformationen auf der Website, Branding, Dokumente als Dianstleistung für Kunden oder Mandanten (z.B. mit dessen Artikelnummern), mandantenfähige individuell zusammenstellbare Broschüren und vieles mehr.

Keine Kompromisse beim Design
Ein vollautomatisch generiertes Dokument kann mehr sein als eine öde Aneinanderreihung von Templates. Wenn Sie mit einem klassischen halbautomatischen System den Automatisierungsgrad erhöhen, haben Sie irgendwann nicht mehr die Möglichkeit, technische Schwächen des Template-Ansatzes durch manuelle Nachberarbeitung auszugleichen.
Mit einem vollautomatischen, regelbasierten System haben Sie die Möglichkeit, beliebige Designregeln umzusetzen: Umbrüche von Zeilen, Spalten oder Seiten werden automatisch optimiert, Inhalte im Gestaltungsraster angeordnet, freigestellte Abbildungen mit Texten und anderen Inhalten kombiniert und Tabellen optimal ausgerichtet. Hinzu kommt die automatische Bildstandssynchronisation für den Druck mit Schwarzwechsel.
Eine beliebte Methode bei der regelbasierten Vollautomatisierung ist es, verschiedene Designvarianten für einen Abschnitt separat zu layouten, zu bewerten und dann die in der aktuellen Layoutsituation beste Variante zu nehmen.
Setzen Sie sich bei Ihrem Anspruch an das Layout keine Scheuklappen auf!
Mit einem vollautomatischen System haben Sie zudem die Möglichkeit, Publikationen, die aus Aufwandsgründen beim Design eher stiefmütterlich behandelt werden, z.B. Datenblätter oder Preislisten, im korrekten Corporate Design darzustellen: Ein echter Mehrwert für Ihre Kunden!

Lassen Sie sich nicht entmutigen!
Es gibt viele Gerüchte, was alles mit vollautomatischem Publishing geht und was nicht. Es wäre fatal, sich schon in der Planungsphase selbst zu beschränken, aufgrund von Vorurteilen dass viele designerische Konzepte mit  einer Automatisierungs-Software vielleicht gar nicht umsetzbar sind.
Berater haben die Tendenz, genau das für machbar zu erklären, was ihr bevorzugtes Werkzeug gerade kann.
Schauen Sie sich aktiv um und überzeugen Sie sich, was mit vollautomatisiertem Publishing alles möglich ist.

Vorbereiten ist besser als Nachbearbeiten
Wenn Sie gewisse Inhalte (z.B. Marketingtexte oder -seiten, die im PIM nicht existieren), erst nach der datenbasierten Publikation manuell einfügen, müssen Sie das nach jedem Publishing-Lauf wieder machen. Ein erhebliches Hemmnis für die Automatisierung.
Erstellen Sie stattdessen diese Inhalte vorab und integrieren Sie diese in die Datenbasis. Auf diese Weise werden sie bei jeder Publikation automatisch eingebunden.

Bauen Sie sich etwas auf
Halbmanuelle Prozesse sind häufig ein Ausdruck der Scheu, vorab in ein großes Projekt zu investieren.
Aber wie bei allen anderen Automatisierungsprojekten auch, zahlt sich beim Publishing eine Investition in eine vollautomatische, leistungsfähige Lösung im langfristigen Betrieb mehr als aus!

Denken Sie an die digitale Transformation
Die fortschreitende Digitalisierung hat zur Folge, dass sich Datenquellen und Prozesse in Unternehmen immer weiter homogenisieren und integrieren. Bisher manuell ablaufende Prozesse werden automatisiert und in die datenbasierte Infrastruktur eingebettet. Vollautomatisches Publishing ist ein Teil der digitalen Transformation und löst halbmanuelle Prozesse ab. Langfristig gesehen ist dies eine źwangsläufige Entwicklung. Indem Sie jetzt diese Modernisierung aktiv betreiben, erhalten Sie sich Gestaltungsmöglichkeiten und werden nicht irgendwann von der Entwicklung überrollt.

Mobile first!
Zu recht sind elektronische Medien in der heutigen Zeit das führende Medium für die Produktkommunikation. Dadurch sind Printmedien aber nicht verschwunden. Sie sollten als untergeordnetes Medium nicht sein: teuer, veraltet, unattraktiv, aufwändig.
Eine Vereinheitlichung der Publishing-Prozesse, bei der Printmedien vollautomatisch aus den gleichen, medienneutralen Datenquellen wie die elektronischen Medien erzeugt werden, ist da die ideale Lösung.

Personalisierung rocks!
Was im Web und auf Mobilgräten inzwischen selbstverständlich ist, scheitert bei Printdokumenten häufig am Aufwand: Jeder Besucher der Website sieht ein für ihn persönlich zusammengestelltes und aufbereitetes Informationsangebot und wird persönlich angesprochen.
Publizieren Sie vollautomatisch, können Sie ohne Mehraufwand alle gestalteten, hochwertigen Produktinformationen individuell für einzelne Kunden zusammenstellen und aufbereiten. Lassen Sie sich nicht die Möglichkeit entgehen, auch beim Print den Kunden als Individuum zu adressieren.

Ich danke allen, die bis hierhin gelesen haben, für die Aufmerksamkeit. Gern stelle ich weitere Möglichkeiten des vollautomatischen Publishing persönlich vor, z.B. als Online-Präsentation. Nehmen Sie einfach Kontakt auf!

Stephan Lehmke

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